„Perspektivisch ist das nicht genug.“

Kastriot Krasniqi zu Demos gegen Rechtsextreme in GL

Stadtgespräch. Auch in der Kreisstadt wurde im Januar ein Zeichen gegen rechts gesetzt. Auf dem Trotzenburgplatz formierte sich der bürgerliche Widerstand gegen Rechtsextremismus und Rassismus. GL KOMPAKT geht der Frage nach, ob eine solche Demonstration reicht.

Kastriot Krasniqi, selbst 1994 aus dem Kosovo geflüchtet, ist sich der Problematik wohl bewusst. Er sitzt zwar für die SPD im Rat der Stadt, ist jedoch über und für das Bündnis für Vielfalt und Chancengleichheit in Bergisch Gladbach in den Integrationsrat der Stadt gewählt worden. Er beleuchtet das Thema aus seiner ganz eigenen Sicht. „Das gibt es nicht erst seit gestern, die neuesten Enthüllungen der Aktivitäten der AfD haben es nur wieder mehr ins Rampenlicht gerückt“, weiß der ehemalige Integrationsratsvorsitzende. „In dem großen Auffangnetz dieser Partei verfangen sich nicht nur Protestwähler, sondern auch die, die von deren Thesen fest überzeugt sind – und davon gibt es viele“, warnt der Familienvater.

Natürlich sind Demonstrationen gut, dessen ist er sich sicher. Die Veröffentlichungen von Correctiv zum Geheimtreffen von AfD-Leuten und Neonazis und deren Deportations-Pläne haben all jene, die demokratisches Gedankengut pflegen, aufgeweckt. Sie sind auf die Straße gegangen. Jedoch: „Perspektivisch ist das nicht genug. Das Bewusstsein in der Bevölkerung muss größer werden, das Thema darf nicht mehr aus dem Fokus geraten“, so Krasniqis Forderung.

In dem großen Auffangnetz dieser Partei verfangen sich nicht nur Protestwähler, sondern auch die, die von deren Thesen fest überzeugt sind – und davon gibt es viele.“

Nachhaltigkeit sei das einzige Konzept, das aufgehe. Und es gehe nicht nur um die AfD. Die vielen anderen rechtsextremen Gruppen seien ebenfalls zu beachten. „Sie sitzen mitten unter uns und werden nicht selten von unseren Steuergeldern bezahlt“, macht der gebürtige Kosovare klar und appelliert, mehr zu tun: „Öffentlichkeitsarbeit ist immens wichtig!“ Das gelte auch und im Besonderen für das Thema Aufnahme von Geflüchteten. Er verweist darauf, dass die Zahl relativ sei und dass diese Menschen hier als Fachkräfte gebraucht werden: „Ich vergleiche die Situation gerne mit der eines Auszubildenden. Der bringt während seiner Ausbildungszeit auch keine Einnahmen und kostet den Lehrherrn nur Geld. Wenn er aber ausgebildet ist, bringt er der Firma die Investitionen wieder zurück.“

Krasniqi fragt sich, was nach den Demonstrationen kommt. Da müsse für das Thema weiter sensibilisiert werden, etwa mit dem Programm „Schule ohne Rassismus“, an dem rund zehn Bergisch Gladbacher Schulen teilnehmen. Als Beispiel führt er die Integrierte Gesamtschule Paffrath (IGP) auf, die alljährlich einen Friedenstag durchführt. Auf der Webseite der Schule heißt es: „Der Friedenstag hat an der IGP eine lange Tradition: Jedes Jahr Ende Januar zum Jahrestag der Befreiung von Auschwitz setzen wir uns seit über drei Jahrzehnten mit Themen auseinander, die Krieg und Frieden und das Zusammenleben der Menschen betreffen. Die ganze Schule beschäftigt sich an diesem Tag in Projekten in der Klasse (Jahrgang 5-8) oder in jahrgangsübergreifenden Projekten mit einem Thema. Schülerinnen und Schüler sollen an der IGP ermutigt und befähigt werden, an aktuellen politischen Diskussionen mitzuwirken; somit versteht sich die Arbeit am Friedenstag als Teil einer „Friedenserziehung“. Da arbeitet der Integrationsrat mit, bietet Workshops an, besorgt Referenten und steht für Diskussionen bereit.

Krasiniqi denkt weiter: „Man könnte Fotoausstellungen zeigen mit Bildern von Menschen, die sich nach der Flucht gut integriert haben, Holocaust-Ausstellungen sollten häufiger gezeigt werden – es gibt viele Ansatzpunkte.“

So hat der Integrationsrat nun das Bündnis gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ins Leben gerufen, das sich neben dem Zusammenschluss „Bergisch Gladbach für Demokratie und Vielfalt“ aktiv und nachhaltig gegen Rechtsextremismus einsetzt. „Der Integrationsrat ist prädestiniert dafür, ein solches Bündnis zu führen. Er steht für den Austausch der Kulturen, der verschiedenen Menschen. Er möchte mit dem bereits bestehenden Bündnis zusammenarbeiten, sich mit ihm ergänzen“, erklärt Krasniqi und setzt hinzu: „Wir hätten eigentlich schon vorgestern anfangen müssen. Der Wind weht ziemlich rau derzeit, nicht nur gegen Ausländer, sondern insgesamt gegen Andersdenkende. Ich bin aber zuversichtlich. Im ganzen Rheinisch-Bergischen Kreis haben sich Menschen gefunden, die sich engagieren, da ist ein Schwung bemerkbar. Ich hoffe, dieser Schwung hält an.“

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