GESUNDHEITSPOLITIK. Auf Initiative von Nordrhein-Westfalen hat der Bundesrat im Juli mit großer Mehrheit eine Gesetzesinitiative zur Einführung der Widerspruchslösung bei Organspenden beschlossen. Auch die Mehrheit der Bevölkerung steht Organspenden positiv gegenüber.
Die Mehrheit der Deutschen ist Organspenden gegenüber positiv eingestellt. Trotzdem gibt es immer noch eine große Lücke zwischen gespendeten Organen und Personen, die ein Spenderorgan benötigen.
Zum Stichtag 31. Dezember 2023 warteten deutschlandweit fast 8.400 Patientinnen und Patienten auf ein Spenderorgan, während zugleich im Jahr 2023 nur knapp 2.900 Organe von 965 Personen gespendet wurden.
In Nordrhein-Westfalen sind die Zahlen vergleichbar: Hier warteten zum gleichen Stichtag mehr als 1.800 Menschen auf ein Spenderorgan, während im gesamten Jahr 2023 nur 166 Personen 965 Organe spendeten. Das hat die Landesregierung wieder aktiv werden und den Bundesrat über die Widerspruchslösung abstimmen lassen. „Die Zahlen bewegen sich seit Jahren auf vergleichbarem Niveau und das ist deutlich zu wenig“, so NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann. „Ich bin überzeugt, dass wir in Deutschland keinen Mangel an Menschen haben, die aus Solidarität oder Nächstenliebe nach ihrem Tod Organe spenden wollen. Wir haben aber ein Dokumentationsproblem. Mit der Entscheidungslösung kommen wir hier nicht weiter. Deshalb ist es mir so wichtig, dass sich der Bundestag erneut mit dem Thema beschäftigt und über die Widerspruchslösung abstimmt.“
Im Juli hat daraufhin der Bundesrat mit großer Mehrheit eine Gesetzesinitiative zur Einführung der Widerspruchslösung bei Organspenden beschlossen. Der Entwurf sieht vor, dass zukünftig alle Menschen in Deutschland grundsätzlich als Organspenderin oder Organspender gelten, wenn sie dem nicht widersprechen. Ziel ist, dass die Personen, die der Organspende positiv gegenüberstehen, ihre Entscheidung aber bisher nicht dokumentiert haben, als zukünftige Organspenderin beziehungsweise Organspender erfasst werden. Laumann: „Klar ist: Niemand darf zu einer Organspende gezwungen werden. Ich finde aber schon, dass wir die Menschen dazu verpflichten können, eine Entscheidung dafür oder dagegen zu treffen, denn es ist eine Entscheidung, die Leben retten kann.“ Durch den Beschluss des Bundesrates muss sich der Bundestag jetzt erneut mit dem Thema befassen. Zuletzt hatte der Bundestag im Jahr 2020 zum Vorgehen bei der Organspende abgestimmt – mit einer Mehrheit für die Entscheidungs- und gegen die Widerspruchslösung.
Der aktuelle Gesetzentwurf umfasst folgende Punkte:
Jeder Mensch ist grundsätzlich Organ- oder Gewebespender oder -spenderin, es sei denn, es liegt ein erklärter Widerspruch vor.
Ein Widerspruch kann im bereits bestehenden Organspende-Register, in einem Organspendeausweis, einer Patientenverfügung oder anderweitig schriftlich dokumentiert werden. Der Widerspruch kann auch mündlich gegenüber Angehörigen geäußert werden. Ein Widerspruch gegen eine Organspende muss nicht begründet werden.
Liegt bei Minderjährigen kein geäußerter Wille vor und ist ein solcher auch den nächsten Angehörigen nicht bekannt, steht diesen ein eigenes Entscheidungsrecht unter Beachtung des mutmaßlichen Willens der minderjährigen Person zu.