Stadtgespräch. Im August dieses Jahres hat das Pestel-Institut eine Wohnungsmarkt-Analyse vorgelegt, aus der hervorgeht, dass der Rheinisch-Bergische Kreis bis 2028 jährlich 1.220 Wohnungen bauen muss, um den Bedarf zu decken. Einen nicht geringen Teil davon muss die Stadt Bergisch
Gladbach abdecken. Wie kann das in Zeiten knapper Kassen funktionieren?
Das Pestel-Institut hatte die Studie im Auftrag des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) erstellt. Unabhängig davon und ob die Zahlen den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen, muss konstatiert werden: Es fehlen viele Wohnungen an allen Ecken und Enden.
Die CDU-Fraktion überrascht das Ergebnis der Studie nicht. Harald Henkel, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender: „Aus unserer Sicht kann der Wohnungsbau nur beschleunigt werden durch den Abbau von Vorschriften. Auf lokaler Ebene ist das Festhalten an starren Quoten für den sozialen Wohnungsbau ein Fehler, da es private Investoren abschreckt. Hier würde eine flexible Quote mehr bringen, um den Wohnungsbau zu fördern. Ein weiterer Punkt, um den Wohnungsbau lokal zu fördern, ist die schnellere Bearbeitung von Bauanträgen durch die Stadtverwaltung.“
Auch die FDP überrascht das Ergebnis der Analyse nicht. Dorothee Wasmuth schlägt in die gleiche Kerbe: „Zwei für die FDP wichtige Punkte konkret für Bergisch Gladbach sind die schnelle Bearbeitung der Bauanträge, unterstützt durch die Digitalisierung der Prozesse, sowie der Verzicht auf eine starre Quote für den sozialen Wohnungsbau, da dies Investoren abschreckt.“
Dazu äußert sich SPD-Fraktionschef Klaus W. Waldschmidt: „Unbestritten besteht in Bergisch Gladbach ein erheblicher Mangel an bezahlbarem und insbesondere gefördertem Wohnraum. Immer mehr Wohnungen fallen aus der Sozialbindung heraus. Neubauwohnungen werden fast ausschließlich im oberen Preissegment errichtet.“ Er glaubt aber den Ausweg aus dem Dilemma zu kennen: „Unter Bürgermeister Frank Stein wurden von der Stadt wieder potentielle Grundstücke für den Wohnungsbau erworben. Zudem fasste der Stadtrat im Januar 2023 den Baulandbeschluss, der bei künftigen Bebauungsplänen eine Quote von 30 Prozent geförderten Wohnraum vorschreibt.“
Theresia Meinhardt, Fraktionsvorsitzende Bündnis90/GRÜNE im Rat der Stadt Bergisch Gladbach, weiß ebenfalls um die Notwendigkeit ausreichenden Wohnraums: „Wir sind als Teil des Ballungsraums Köln damit konfrontiert, dass wenig bebaubare Flächen und fehlende Infrastruktur einer steigenden Nachfrage gegenüberstehen. Dem begegnen wir mit einer Nachverdichtung der bestehenden Siedlungsräume. Mit der Bebauung des Zandersgeländes und dem Wachendorff-Gelände sollen in den nächsten 20 Jahren über 2.000 Wohneinheiten dazukommen. Uns ist bewusst, dass damit der Bedarf nur schwer gedeckt werden kann.“
Beigeordneter Ragnar Migenda aus Verwaltungssicht: „Junge Familien wünschen sich das Einfamilienhaus, da fehlt es an Angeboten. Im sozialen Wohnungsbau benötigen wir Baugenehmigungen für zwischen 300 und 400 Wohneinheiten im Jahr. Dafür haben wir in Zukunft große Baugrundstücke, wie etwa das Zanders- und das Wachendorff-Gelände. Es gibt viele Interessenten, die auf beiden Gebieten bauen wollen. Die Bauwirtschaft wird sich neu sortieren. In den Ballungsräumen ziehen die Preise wieder an, Bautätigkeiten kommen zurück. Da ist die Frage, was kann die Stadt tun. Tatsächlich besteht ein Mangel im Bereich des geförderten Wohnungsbaus. Jährlich fallen rund 200 Wohnungen aus der Förderung. Doch der Baulandbeschluss hilft uns. Zudem wollen wir Baugenehmigungen beschleunigen und die Kommunikation zu den Architekten und der Bauherrschaft verbessern. Erste Schritte für Dialoge wurden bereits unternommen. Für den Rest ist der Gesetzgeber in Düsseldorf und Berlin gefordert.
Leerstand von Bestandswohnungen ist ein weiteres großes Problem. Auf Bundesebene fehlen 400.000 Wohnungen, dem gegenüber stehen 600.000 Baugenehmigungen, die nicht gezogen werden. Das ist bedenklich. Es gibt gewisse Zweckentfremdungen: etwa Monteurswohnungen oder Airbnb, aber es muss in einem vernünftigen Rahmen bleiben. In Bergisch Gladbach ist die Entwicklung noch nicht alarmierend, doch wir tragen uns mit dem Gedanken, eine Zweckentfremdungssatzung auf den Weg zu bringen. Wir werden dort sehr genau hinschauen.“