Angespannte Lage bei Personalsituation der Gladbacher Krankenhäuser
Stadtgespräch. „In Deutschland herrscht seit Jahren Pflegenotstand. Die Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen, in der Pflege und in Krankenhäusern sind trotz erhöhter Aufmerksamkeit für die Branche während der Corona-Krise im Großen und Ganzen schlecht geblieben“, so sagt es die Hans Böckler Stiftung auf ihrer Internetseite. Die Situation in den Bergisch Gladbacher Krankenhäusern ist Thema des ersten Stadtgesprächs im Jahr 2024.
VON Hans-Werner Klinkhammels
Ob sich die Lage im Evangelischen Krankenhaus (EVK) und in den beiden GFO Kliniken Rhein-Berg, dem Marien-Krankenhaus und dem Vinzenz-Pallotti-Hospital genauso darstellt, erklären EVK-Geschäftsführer Sebastian Haeger und GFO-Pflegedirektorin Jingsi Wawrzyn-Lei.
Haeger beschreibt den Fachkräftemangel aus seiner Sicht: „Neben dem Krankenhaus sind natürlich auch Pflegedienste, Senioreneinrichtungen, im Grunde alle Einrichtungen im Gesundheitswesen betroffen. Der Mangel zeigt sich in der Pflege und im Funktionsbereich. Doch die Betreuung ist nicht gefährdet. Engpässe werden mit Leihpersonal aufgefüllt. Das ist zwar schwierig, weil Leihkräfte teuer sind und unsere Einrichtungen und Teams erst einmal kennenlernen müssen, aber es ist machbar“. Ähnlich sieht es Wawrzyn-Lei. Auch die GFO-Kliniken Rhein-Berg arbeiten mit Leihkräften. „Am liebsten natürlich mit solchen, die die Abläufe in unserem Krankenhaus bereits aus vorherigen Leihzeiten kennen.“ Auch sie beklagt, dass die Leihkräfte teurer sind als das hauseigene Fachpersonal. Sie sagt aber auch: „Wir wollen in unseren Kliniken eine qualifizierte Betreuung anbieten. Wenn der Fachkräftemangel so groß ist, dass wir die Qualität nicht mehr gewährleisten können, müssen wir Bereiche schließen“.
Wie viele Mitarbeitende tatsächlich benötigt werden, sei schwierig zu sagen. In den jeweiligen Fachabteilungen seien unterschiedliche Personaluntergrenzen festgelegt. Falls diese unterschritten werden, seien auch Strafzahlungen möglich, so heißt es.
Immerhin besteht die Möglichkeit, mit ausländischen Kräften gegenzusteuern. Dazu Haeger: „Das tun wir in großem Maße. Wir stellen Fachkräfte aus aller Herren Länder an. Von Mexiko bis zum Kosovo sind hier viele Nationalitäten vertreten. Wir bieten den Mitarbeitenden auch Wohnraum an, denn sie sollen sich bei uns wohlfühlen. Zudem unterstützen wir bei der Integration.“ Die GFO-Kliniken kooperieren mit der Hochschule Koblenz, um junge Leute aus Kenia zu gewinnen, die hier in Deutschland eine Ausbildung zur Pflegefachkraft absolvieren. „Dort lernen die Menschen bereits die deutsche Sprache, um hier arbeiten zu können. Überdies ist eine Integrationsbeauftragte an zentraler Stelle damit befasst, immer dort hilfreich zu begleiten, wo es notwendig ist. Auch aus Indien, der Türkei und China kommen Menschen, um bei uns zu arbeiten“, berichtet die GFO-Pflegedirektorin.
Der Fachkräftemangel macht also auch nicht vor Bergisch Gladbach Halt – trotz der vielen besonderen Leistungen, die die Krankenhäuser als Anreize bieten. EVK-Geschäftsführer Sebastian Haeger zählt auf: „Integration vom ersten Tag an, Sprachkurse und monetäre Anreize wie Prämien bis zu 5.000 Euro für neue Pflege- oder Funktionskräfte. Gezahlt wird nach BAT in kirchlicher Fassung inklusiv zahlreicher Zulagen. Ferner bieten wir eine betriebliche Altersvorsorge, Fort- und Weiterbildung sowie einen sicheren Arbeitsplatz in einem gesunden Unternehmen, E-Bike, Jobticket und vieles mehr. Derzeit rüsten wir unsere Kranken- und Pflegeschule auf. Spätestens Anfang 2025 wird dadurch die Zahl der Ausbildungskräfte verdoppelt. Schon jetzt verfügen wir über 200 Ausbildungsplätze. Wir sind eine der größten Ausbildungsbetriebe und Arbeitgeber in der Stadt und können mit niedriger Fluktuation und einem familiären Miteinander punkten.“ Dann bricht er noch eine Lanze für die ‚Jugend von heute‘: „Wir haben schon sehr engagierte junge Leute, man sollte nicht immer auf der Generation Z herumhacken“. Dem schließt sich Jingsi Wawrzyn-Lei an. „Wir bieten alles, was andere auch bieten. Darüber hinaus können sich unsere Mitarbeiter aus über 100 verschiedenen Dienstzeiten die für sie am besten passende aussuchen. Gerade haben wir das Projekt „Station der Zukunft“ gestartet. Hier geht es vermehrt um die Work-Life-Balance und einen Qualifikationsmix nach dem Motto: Der Mensch ist glücklich, wenn er tun kann, was er gelernt hat und was er gut kann – und das im Rahmen einer Vier-Tage-Woche. Die Mitarbeiter der Station schreiben selbst einen Jahresdienstplan und obendrein bestimmen sie ihre Urlaube selbst. Denn eins ist klar: Die Pflege ist wichtig für die Zufriedenheit der Patienten und damit auch für die Bettenbelegung.“
Die Notwendigkeit, dem Fachkräftemangel und dem Pflegenotstand auf höchster Ebene zu begegnen, sehen beide und sind sich in ihren Forderungen einig. Bürokratische Hürden müssen abgebaut werden, um es ausländischen Kräften leichter zu machen, in Deutschland anerkannt zu werden. „Hier würden wir uns von Seiten der zuständigen Behörden schnellere und unbürokratischere Unterstützung wünschen“, so Haeger und Jingsi Wawrzyn-Lei ergänzt: „Die Behörden müssen unbedingt ihre Abläufe vereinheitlichen“.