In Freilichtmuseen kann man etwas erleben, woran Wissenschaftler seit Ewigkeiten vergeblich tüfteln: Auf Zeitreise in die Vergangenheit gehen. Fünf davon liegen vor unserer Haustür. Ein Überblick.
Ob nun in Kommern, Lindlar oder Hagen – die Freilichtmuseen des Landschaftsverbandes Rheinland sind beliebt. Rund 1,2 Millionen Menschen besuchen sie pro Jahr. Kein Wunder! Zwischen den urigen Häuschen ist es, als wäre die Zeit stehen geblieben. Dabei handelt es sich keineswegs um bloße Kulissen. Die begehbaren Nachbauten oder ins Museum versetzte Originale vermitteln ein echtes Gefühl davon, wie die Menschen damals gelebt und gearbeitet haben. Der Duft von frischem Brot liegt in der Luft, Wasser plätschert das Mühlrad hinunter, Hühner laufen übers Kopfsteinpflaster. So macht Geschichte Spaß.
Lindlar: Das Bergische Land anno 1900
Wäsche auf dem Waschbrett schrubben, die Felder ohne Maschine bestellen oder unter Höllengetöse am Webstuhl malochen. Der Alltag unserer Urururgroßeltern war kein Zuckerschlecken. Damals, um 1900 herum, als das Leben im Bergischen Land noch von beschwerlicher Landwirtschaft und anstrengender Industriearbeit geprägt war. Mit Ausstellungen in historischen Häusergruppen, eingebettet in kleine Äcker, die nach althergebrachten Methoden bewirtschaftet werden, bringt das Freilichtmuseum in Lindlar die vergangenen 200 Jahre ins Gedächtnis zurück. Wer mag, guckt dem Schmied bei der Arbeit über die Schulter oder geht dem Seiler zur Hand. Seit April dieses Jahres kann man sich in einem historischen Schulgebäude umsehen. Von 1861 bis 1937 wurde darin unterrichtet. Allerdings stand es bis vor Kurzem in Waldbröl-Hermesdorf und wurde Wand für Wand auf das Museumsgelände „verpflanzt“.
Kommern: Unterwegs mit Avon-Beraterin Frau Schmidt
Mit 77 historischen Gebäuden aus dem Bergischen Land, der Eifel, dem Westerwald und vom Niederrhein gehört das Freilichtmuseum Kommern zu den größten seiner Art in Deutschland. Darunter Bauernhöfe, Wind- und Wassermühlen, Tanzsaal und Kapelle. Vor allem ist es ein Museum über Menschen. So zeigen die Bäuerin Anna Ippendorf, Ordensschwester Clara Fey oder die Avon-Beraterin Margret Schmidt, womit sie damals ihren Lebensunterhalt verdienten. Auch in der Korbmacherei oder beim Drechsler lässt sich erleben, wie früher im Rheinland gearbeitet wurde. Die neue interaktive Ausstellung „Herdanziehungskraft“ beleuchtet die Entwicklung von der Feuerstelle bis zum Thermomix.
Xanten: Antike im Maßstab 1:1
Xanten ist ein beschauliches Städtchen am Niederrhein. Doch als Europas einzige Stadt mit dem Anfangsbuchstaben X noch Colonia Ulpia Traiana hieß, zählte sie zu den größten Metropolen in den germanischen Provinzen Roms. Wie die Menschen damals dort lebten, zeigt der Archäologische Park im Maßstab 1:1. Der Hafentempel, die Stadtmauer, Bade- und Handwerkerhäuser oder das Amphitheater – alles da. Es geht zu wie im alten Rom. Ein besonderer Hingucker ist das Römermuseum. Es wurde auf den Grundmauern des Stadtbades, dem größten Gebäude der ganzen „Colonia“, errichtet. Die Überreste der Becken oder Heizkanäle geben eine Ahnung von der einstigen Dimension des monumentalen Bauwerks.
Hagen: Expedition in die Geschichte des Handwerks
Auch in Hagen wird Geschichte nicht nur dokumentiert, sondern geschmiedet, gebacken, gedruckt und gebraut. Dafür wurden historische Werkstätten und Fabrikbetriebe wieder aufgebaut, die an ihrem ursprünglichen Standort keine Überlebenschancen hatten. Darin zeigen Handwerker und Handwerkerinnen alte Techniken, die oft längst vergessen sind: Vor den Augen der Gäste entstehen Seile, Nägel und Papier. Sie rollen Zigarren, färben Stoffe und backen Brot nach alter Rezeptur. Etwa 18 der 62 Werkstätten sind täglich in Betrieb. Bei Mitmachaktionen können die Gäste selber Hand anlegen. Mit der Ausstellung „Zurück in die 70er“ begeht das Museum in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen.
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