RECHTSTIPP
Elternunterhalt – Was muss Kindern verbleiben?
RECHTSTIPP. Angemessener Selbstbehalt im Rahmen des Elternunterhalts.
Nach § 1601 BGB sind Kinder ihren Eltern zum Unterhalt verpflichtet, wenn diese bedürftig sind, zum Beispiel nicht selbst alle Kosten des Aufenthaltes in einem Pflegeheim aufbringen können und Sozialhilfe in Anspruch nehmen müssen. Seit dem 1. Januar 2020 gilt hierzu das Angehörigen-Entlastungsgesetz, das den Anspruchsübergang auf den Sozialleistungsträger und damit den Unterhaltsregress neu geregelt hat. Kinder müssen demnach für Elternunterhalt grundsätzlich erst ab einem Bruttojahreseinkommen von 100.000 Euro aufkommen. Damit kommt der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, nur noch leistungsstarke Kinder zum Elternunterhalt heranzuziehen.
Ungeklärt ist dabei bislang, welcher Betrag unterhaltspflichtigen Kindern verbleiben muss, sogenannter Selbstbehalt. Die Unterhaltsleitlinien der verschiedenen Oberlandesgerichte sind hierzu uneinheitlich. Überwiegend wird dort auf Zweck und Rechtsgedanken des Angehörigen-Entlastungsgesetzes verwiesen, ohne konkrete Beträge zu benennen. Hierzu hat nunmehr das OLG München eine Entscheidung getroffen (Beschluss vom 6. März 2024 – 2 UF 1201/23e). Zugrunde lag ein Fall, in dem es um die Zahlung von Elternunterhalt nach § 1601 BGB, § 94 Abs. 1 SGB XII ging. Das in der ersten Instanz zuständige Amtsgericht wies den Antrag des überörtlichen Sozialleistungsträgers auf Zahlung von Elternunterhalt mangels Leistungsfähigkeit des Sohnes zurück. Der verfügte über ein monatliches Nettoeinkommen von rund 5.300 Euro, von dem er Wohnkosten in Höhe von 1.790 Euro bestritt sowie mehrere Lebensversicherungen mit 780 Euro und eine Sparrate von 450 Euro zahlte. Sein bereinigtes Einkommen lag damit bereits nach Abzug lediglich der Wohnkosten unter 5.000 Euro, dem Selbstbehalt, den das Gericht ihm gegenüber seiner Mutter zubilligte.
Dies bestätigte nach der Beschwerde des Sozialleistungsträgers das Oberlandesgericht in zweiter Instanz. Zur Begründung führte es an, dass Sinn und Zweck des Angehörigen-Entlastungsgesetzes zu beachten sind. Dieses sieht eine Inanspruchnahme zum Unterhalt nur vor, wenn das Gesamtbruttoeinkommen von 100.000 Euro überschritten ist. Bei sozialversicherungspflichtig Beschäftigten entspricht dies, je nach Familienstand, einem Einkommen in Höhe von 5.000 Euro bis 5.500 Euro netto. Der Selbstbehalt muss sich damit nach Ansicht des Oberlandesgerichts auf diesen Betrag belaufen.
Das Oberlandesgericht München hat die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen. Das Verfahren ist dort zum Az. XII ZB 148/24 rechtshängig. Die Entscheidung des BGH wird diese Frage sodann verbindlich klären.
Liza Katherine Rothe
studierte Rechtswissenschaften
an der Universität zu Köln. Sie ist seit 2005 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen und führt seit 2009 den Fachanwaltstitel für Familienrecht. Frau Rothe ist für die Kanzlei Leonhard & Imig in den Rechtsgebieten des Familien- und Erbrechts tätig.
Gartenstraße 1
51429 Bergisch Gladbach
Tel.: (02204) 97 61 0
www.leonhard-imig.de
IHNEN KÖNNTE AUCH GEFALLEN
SEIEN SIE IMMER AUF DEM LAUFENDEN
Erfahren Sie, was unsere Stadt bewegt – mit unserer Digital-Ausgabe