RECHTSTIPP

Unerreichbarkeit in der Freizeit – ein Recht?

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RECHTSTIPP. Ist es Pflicht für Arbeitnehmer, arbeitsrelevante SMS, E-Mails oder Ähnliches in ihrer Freizeit zur Kenntnis zu nehmen?

Stellen Sie sich vor, es ist Ihr freier Tag, Sie unternehmen gerade etwas Schönes, denn morgen ist wieder Schichtdienst, und Ihr Handy bimmelt – eine SMS Ihres Arbeitgebers ist eingegangen. Ist ja wohl nicht wahr! Sie löschen die Nachricht ungelesen, treten am nächsten Morgen um 7.30 Uhr zur Schicht an und erfahren: Arbeitsbeginn wäre 6 Uhr gewesen. Die Schicht ist anderweitig eingeteilt, die Arbeitsstunden der Schicht – die Sie ja nun nicht leisten können – werden Ihnen abgezogen, Sie erhalten eine Abmahnung.

Diesen Fall hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Sommer letzten Jahres entschieden und ein anderslautendes Urteil eines Landesarbeitsgerichts (LAG) aufgehoben (Urteil vom 23. August 2023 – 5 AZR 349/22).

Das LAG war der Meinung: In ihrer Freizeit haben Arbeitnehmer ein Recht auf Unerreichbarkeit. Es bestand keine Pflicht, eine SMS des Arbeitgebers zur Kenntnis zu nehmen. Auch kurzzeitige dienstliche Vorgänge sind Arbeit im vergütungsrechtlichen Sinne. Arbeit ist in der Freizeit aber gerade nicht geschuldet.

Anders das BAG: Es gibt kein absolutes Recht auf Unerreichbarkeit. Das Recht auf Unerreichbarkeit an sich mag es schon geben, allerdings – es ist relativ. Denn es richtet sich nach einer zum 1. Januar 2002 in den Gesetzestext eingefügten Norm (§ 241 Abs. 2 BGB für diejenigen, die nachlesen wollen), wonach ein Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des jeweils anderen Teils verpflichten kann.

Waren Sie also doch verpflichtet, die SMS mit dem geänderten Schichtbeginn zu lesen?

Hierzu weiter das BAG: Das Lesen einer SMS ist keine Arbeit im vergütungsrechtlichen Sinne. Es handelt sich lediglich um eine mit der Arbeitspflicht als Hauptpflicht („Arbeit gegen Geld“) in unmittelbarem Zusammenhang stehende Nebenleistungspflicht. Als leistungssichernde Maßnahme fällt es im Arbeitsverhältnis unter den Inhalt der eben zitierten Norm, die Mitteilung des Schichtbeginns am Folgetag bereits am Vortag während der Freizeit zur Kenntnis zu nehmen.
Ihre Klage wird also abgewiesen, Sie erhalten die Vergütung für die Schicht, zu der Sie eigentlich angetreten sind, nicht und die Abmahnung verbleibt in Ihrer Personalakte.

War‘s das?

Nein. Denn ein Freibrief wird daraus für keinen Chef. Es geht in dem Urteil nur um die Mitteilung des Schichtbeginns. Und nur darum. Vor weiteren „leistungssichernden Maßnahmen“ bleiben Sie einstweilen verschont.

Andreas Maria Klein
Geboren 1960, studierte  Rechtswissenschaften
an den Universitäten in Bonn, Münster und Köln. Er ist seit 1991 als Rechtsanwalt zugelassen und führt
seit 1996 den Fachanwaltstitel für Arbeitsrecht. Andreas Maria Klein ist Sozius in der Kanzlei Leonhard & Imig.

Gartenstraße 1
51429 Bergisch Gladbach
Tel.: (02204) 97 61 0
www.leonhard-imig.de

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