Mehr Geflüchtete kann Bergisch Gladbach nicht aufnehmen
STADTGESPRÄCH. Gemeinsam mit den anderen Bürgermeistern des Rheinisch-Bergischen Kreises hatte Frank Stein, Bürgermeister von Bergisch Gladbach, Ende September einen Brandbrief an den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst versandt. Darin ging es um die sich dramatisch zuspitzende Situation bei der Unterbringung und Betreuung von Geflüchteten.
Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister fordern den Ministerpräsidenten auf, mit ihnen in einen Dialog zu treten. „Bitte nehmen Sie zur Kenntnis und verstehen Sie, dass wir uns bereits seit Längerem in einer krisenhaften Situation befinden, die wir unter den gegebenen und in Aussicht gestellten Rahmenbedingungen nicht mehr bewältigen können.“ GL KOMPAKT nahm dies zum Anlass, ein Gespräch mit Frank Stein zu führen, um genaue Informationen über den Stand der Dinge zu erhalten:
Wie viele Flüchtlinge werden bis Ende Oktober in Bergisch Gladbach aufgenommen sein?
Aktuell sind in den städtischen Unterkünften und städtisch angemieteten Wohnungen 1.174 Personen untergebracht. Bislang wird aufgrund einer Zuweisung aus September eine Ankunft im Oktober erwartet.
Die Aufnahmequote ist Stand 30. September dieses Jahres mit 100,78 Prozent erfüllt. Nicht einbezogen sind hier die ukrainischen Kriegsvertriebenen, die privat untergebracht sind. Dabei handelt es sich um rund 850 Personen.
Gibt es verschiedene Quoten, etwa für Flüchtlinge allgemein und afghanische Ortskräfte?
Nein, es gibt keine Unterscheidung nach Herkunft. Es wird eine Quote nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG-Quote) für die Aufnahme von Flüchtlingen jedweder Nation berechnet, es besteht eine zweite Quote für Wohnsitzauflagen, die nach positivem Abschluss des Asylverfahrens erteilt werden. Ukrainische Kriegsvertriebene, die sich in Bergisch Gladbach aufhalten, werden über die FlüAG-Quote erfasst.
Wie sind all diese Menschen zurzeit über das Stadtgebiet verteilt?
Die Geflüchteten leben im gesamten Stadtgebiet, in städtischen Unterkünften, städtisch angemieteten Wohnungen und Privatwohnungen.
Wenn Sie noch mehr Personen aufnehmen müssen: Wie soll das geschehen? Über Containeranlage oder Lagerhallenanmietung?
Die Stadt beschäftigt sich dauerhaft damit, neue Unterbringungsmöglichkeiten zu generieren. Dabei werden alle Unterbringungsformen genutzt. Bei der Wohnungssuche für Kriegsvertriebene erhält die Stadt Bergisch Gladbach Unterstützung von Habitat.
Von welchen Kosten sprechen wir derzeit und wie können die gestemmt werden?
Von Beginn der Flüchtlingskrise im Februar 2022 an bis zum 30. Juni 2022 sind Aufwendungen in Höhe von 2.339.303,74 Euro angefallen, zusätzlich wurden Investitionen in Höhe von 426.261,32 Euro getätigt. Demgegenüber stehen Zuschüsse vom Land und Bund, die diese Ausgaben aktuell decken.
Was könnte passieren, wenn die Stadt den
Aufnahmeverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann?
Flüchtlinge im laufenden Asylverfahren werden von der Bezirksregierung Arnsberg nach der Flüchtlingsaufnahmequote verteilt, die Quote in GL ist aktuell erfüllt. Ukrainische Kriegsvertriebene können ihren Aufenthaltsort in Deutschland frei wählen. Wenn eine Unterbringung aufgrund fehlender Kapazitäten in GL nicht mehr möglich ist, können die Personen an die Ausländerbehörde verwiesen werden. Von dort können Kriegsvertriebene über die Datenbank „Free“ auf Kommunen mit freien Kapazitäten verteilt werden.
Beitragsbild: © Maurice Tricatelle – stock.adobe.com
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