AKTUELLES. Es werden immer mehr. Zurzeit sind es mehr als 70 Städte und Gemeinden im gesamten Bundesgebiet, die Tempo 30 flächendeckend einführen möchten. Eine Initiative, die mit sieben Städten begann, scheint nicht mehr aufzuhalten zu sein. Aber es muss noch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden.
Auch in Bergisch Gladbach wird das Thema heiß diskutiert. Tatsächlich kann jedoch nicht kurzerhand das gesamte Stadtgebiet zur Tempo-30-Zone erklärt werden. Dazu müsste zunächst die Straßenverkehrsordnung geändert werden. Denn diese besagt, dass Tempo 30 nur aus Gründen der Verkehrssicherheit oder zum Schutz von Anwohnern vor Lärm oder Abgasen eingerichtet werden darf. Nur dann kann gemäß § 45 der StVO statt 50 km/h ein Tempolimit von 30 km/h angeordnet werden.
Im nordrhein-westfälischen Landtag gab es dazu auf Antrag der Grünen eine Expertenanhörung. Dies führe nicht nur zu deutlich weniger Unfällen sowie weniger Toten und Verletzten, sondern sorge auch für bessere Luft und weniger Lärm, heißt es da. Die Landesregierung solle sich beim Bund dafür einsetzen, „Kommunen kurzfristig im Rahmen eines Modellversuchs flächendeckendes Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in ihrem Stadtgebiet zu ermöglichen“, so der Antrag.
Der Verkehrsclub Deutschland unterstützte den Antrag. Viele Unfälle mit Personenschäden seien dadurch vermeidbar, so der Landesverband NRW. Auch die Umweltbelastung gehe in der Regel zurück, insbesondere der Lärm. Natürlich gibt es nicht nur Fürsprecher. Der Verband „Spedition und Logistik Nordrhein-Westfalen“ sowie der Einzelhandelsverband Bonn Rhein-Sieg Euskirchen lehnten eine flächendeckende Einführung von Tempo 30 ab. Für den Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV NRW) ist die Einführung von Tempo 30 überlegenswert. Für den ÖPNV sei ein generelles Tempolimit nachteilig: „Die Fahrzeiten würde sich signifikant verlängern.“
Die Auswertung eines Pilotprojektes Tempo 30 in Berliner Bezirken ergab, dass sich die Stickoxid-Belastung effizient mindern lässt, wenn sich emissionsintensive Beschleunigungsphasen oberhalb von 30 km/h verringern.
Die städtische Verwaltung schlägt dem Ausschuss für Mobilität und Verkehr eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Stundenkilometer auf der Altenberger-Dom-Straße in Schildgen sowie der Mülheimer Straße vor, weil „die Anwohner unbestreitbar durch den Verkehrslärm stark belastet seien“, so Bürgermeister Frank Stein. Die Freie Wählergemeinschaft möchte, dass Bergisch Gladbach die Erklärung der bundesweiten Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeit“ unterzeichnet.
Jedoch können Rat und Ausschuss keine Geschwindigkeitsbegrenzung aussprechen, sondern nur eine Empfehlung. Die Entscheidungskompetenz liegt bei der Straßenverkehrsbehörde, die diese Erörterungen im Ausschuss jedoch in ihre Ermessensentscheidung einbeziehen wird.
Hohe Bußgelder sieht der Bußgeldkatalog für Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit innerorts in Tempo-30-Zonen vor, ab Überschreitung von 26 km/h und mehr auch Fahrverbote von ein bis drei Monaten. Siehe www.bussgeldkatalog.org.
Beitragsbild: Klinkhammels