IM PROFIL. Vor 30 Jahren kam der evangelische Pfarrer Thomas Werner nach Bergisch Gladbach zur Gnadenkirche. Und nächstes Jahr endet seine Amtszeit dann auch schon wieder. Kurios: Pfarrer wollte er nie werden.
In den 80ern entwickelte sich in Essen die ehemalige Zeche Carl zum soziokulturellen Zentrum. Maßgeblich beteiligt daran war der evangelische Pfarrer Willi Overbeck. „Da habe ich gemerkt: Kirche geht auch anders.“ Noch bis heute hat Pfarrer Thomas Werner guten Kontakt zu Overbeck.
Das Wortteil „recht“ in Gleichberechtigung würde die Seit ziemlich genau 30 Jahren leitet Werner den Pfarrbezirk Stadtmitte/Gnadenkirche. Eine Sache hat er sich vom Essener Pfarrer ganz bestimmt abgeguckt: „Man kann auch Menschen erreichen, die die bürgerlichen Gemeinden gar nicht mehr auf dem Schirm haben.“ Mit dem Bürgerlichen hatte er es nie so.
Zum 30-jährigen Jubiläum bekam Werner vor wenigen Wochen zwei dicke Sammelordner geschenkt – voll mit Presseberichten. Sie dokumentieren das, was er in Bergisch Gladbach gemacht hat und was für einige in der Gemeinde sicher ein Schock war: Unter seiner Leitung kaufte die Gemeinde eine Gaststätte und baute sie 1998 zur kircheneigenen Kneipe „Quirl‘s“ um. „Wenn die Leute nicht mehr in die Kirche kommen, gehe ich dahin, wo die Leute sind“, sagte er damals.
Jugend-, Kultur- und Flüchtlingsarbeit prägen Werners Wirken bis heute. Jetzt versucht er, eine Personalstelle der Gemeinde für die Ukraine-Hilfe zu beantragen. Die Gemeinde hat sich in seiner Zeit allen Menschen geöffnet. Mit dem „Quirl‘s“ und dem 2002 fertiggestellten Gemeindesaal „Engel am Dom“, aber auch mit den ökumenischen Initiativen, mit dem Arbeitslosenprogramm „Mensch und Arbeit“, seit 1994 mit „Kunst und Gnadenkirche“ und seit 1995 durch „Quirl-Kultur“, das neben der Open-Air-Reihe vor dem „Quirl’s“ auch ab der EM 1996 für die ersten großen Fußball-Public-Viewings in der Stadt sorgte.
Wenn er gefragt wird, wie viele Mitarbeitende er hat, antwortet er „um die 2.500“. Damit meint er jeden, der im Pfarrbezirk Gnadenkirche angemeldet ist. Hilfe und Unterstützung bekam und bekommt er aber von noch mehr Menschen. Denn so wichtig ihm der Glaube ist, so wenig stören ihn Konfession und Religion beim Ansehen der Menschen. Eines wollte er als Theologie-Student übrigens nie: Pfarrer werden. Arzt wäre er lieber geworden.
10 Fragen an Thomas Werner
Geboren ist der 64-Jährige in Südafrika, weil sein Vater dort Pfarrer war. Seit 1992 arbeitet er als Pfarrer der Gnadenkirche, ist verheiratet und hat eine Tochter (28) und einen Sohn (31).
Welche Eigenschaften sagt man Ihnen nach?
Positiv.
Ihr bisher größter Erfolg im Leben?
Mein größtes Glück ist meine Familie.
Welches natürliche Talent würden Sie gern besitzen?
Noch mehr von dieser rheinischen Leichtigkeit.
Können Sie uns eine bewährte Lebensweisheit empfehlen?
„Wenn Gott nicht will, was wir wollen, will er was Besseres“ (nach Bonhoeffer).
Was können Sie so gar nicht leiden?
Neid und Missgunst.
Was bringt Sie zum Lachen?
Ich bringe mich selbst manchmal zum Lachen.
Was schätzen Sie an Kollegen?
Geschwisterlichen Austausch und offenen Diskurs.
Mit wem würden Sie gerne tauschen?
Mit dem Papst.
Ein gutes Buch und ein guter Film?
Buch: “Über Menschen” von Juli Zeh.
Film: “Tarzan” mit Johnny Weissmüller.
Wann sind Sie offline?
Wenn ich schlafe.