Unsere Gesellschaft altert. Die Zahl der „Senioren“ steigt. Dabei sind die „Alten“ oft fitter als Jüngere und haben erst spät das Gefühl, wirklich alt zu sein. Manche fühlen sich allerdings missachtet und verloren; mitunter auch schlecht behandelt.
Hand aufs Herz: Gibt es heutzutage einen Begriff, der – von Corona mal abgesehen – häufiger vorkommt als das Wort „Senioren“? Na gut, Sie finden schon einen. Aber seien wir ehrlich: Jeder von uns kennt Senioren und Themen, die mit ihnen verbunden sind. Immerhin entsprechen in Deutschland 22 Prozent diesem Begriff, 22 Prozent von 80 Millionen. Ganz schön viel … Im Jahr 2050 soll schon jeder dritte Deutsche älter als 60 Jahre sein. Grund genug, den „Alten“ mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Nur: Tun wir das? Oder nehmen wir sie einfach nur so mit?
Zu den Senioren gehört, wer nach aktueller Auffassung über 65 Jahre alt ist. Dabei spielte ich als 18-Jähriger schon in der ersten „Senioren“-Mannschaft Handball. Damals war ich als „Senioren-Spieler“ ein lokaler Held, heute bin ich als „Senior“ ein „alter Sack“, machen wir uns doch nichts vor. Damals fanden mich viele „toll“, heute finden mich vielleicht viele eher unwichtig, eben alt, ein „Senior“; he Alter!
Nein, so fühle ich mich noch nicht, aber mancher Altersgenosse, der Mühe hat in unserer heute ziemlich rücksichtslosen Gesellschaft. Der Umgang mit „Senioren“ ist oft rau, unfreundlich und abwertend, kurz: respektlos. Nicht viele Leute machen den Alten Platz, bieten Hilfe an oder nehmen sie überhaupt wahr. Den Kopf blind über das Handy gebeugt und nur mit sich beschäftigt. Egoismus ist ein Kennzeichen unserer Zeit. Da erscheinen ältere Menschen oft überflüssig.
Dabei fühlen sich so viele Senioren durchaus frisch, tatendurstig und mobil; sind häufig beweglicher als Junge und zufrieden mit ihrem Leben. Engagieren sich im Freundeskreis, im Ehrenamt und der Allgemeinheit. Das Einzige, was viele sich von Herzen wünschen, sind Respekt, Wertschätzung und etwas Zuneigung. Das kann manch Einsamkeit erleichtern. Wie heißt es doch im vierten Gebot: „Du sollst Deinen Vater und Deine Mutter ehren“ und im Islam: „Behandelt eure Eltern gütig, so werden euch eure Kinder gütig behandeln.“ Ich meine allerdings: Zuversicht und Vertrauen sind angesagt, nicht Pessimismus. Früher stand das Wort „Alter“ übrigens mal für Weisheit.
Tipps zu den Themen Verhalten, Kommunikation und Umgangsformen von Eberhard Gravenstein – Fachmann für Journalismus und Medienarbeit – und Mitglied im Arbeitskreis Umgangsformen International (AUI).