STADTGESPRÄCH.Noch Ende 2019 ging man in Bergisch Gladbach davon aus, dass direkt am Bahnhof ein neues Stadthausgebäude für 440 Verwaltungsangestellte entstehen würde. Man rechnete mit Kosten von rund 20 Millionen Euro. Kurz darauf explodierten sie auf über 60 Millionen und das Projekt wurde gestoppt. Jetzt scheint eine preiswerte Lösung in Sicht.
Wo zuvor noch über den Neubau eines Stadthauses auf der Kopfseite des Bergisch Gladbacher S-Bahnhofs nachgedacht wurde, ist nun an diese Stelle der Gedanke der Anmietung der Rhein-Berg-Passage getreten. Hier herrscht seit Mitte des letzten Jahres absoluter Leerstand. Neben Verwaltungsbüros für die Stadtverwaltung sei auch Platz für die neue Stadtbibliothek. Ein weiteres Stockwerk soll zudem die Raumkapazität vergrößern.
Für die CDU-Fraktion hat die Idee als solche auf den ersten Blick durchaus Charme, so Dr. Michael Metten. Jedoch fehlen ihr wichtige Daten zur genauen Beurteilung. „Wichtig ist die Beantwortung der Fragen: Wie hoch fällt die jährliche Miete aus? Welches Anforderungsprofil von Seiten der Stadt gibt es für die Büroräume in den beiden aufzusetzenden Stockwerken? Sind diese Aufbauten städtebaulich vertretbar? Welche Zusatzkosten gibt es? Erst wenn diese und weitere Fragen seriös und transparent beantwortet sind, kann eine notwendige Barwertberechnung vorgenommen werden.“ Tatsächlich hatte sich die CDU stets für den Auer-Weber-Entwurf auf dem städtischen Grundstück an der Jakobstraße ausgesprochen – vielleicht auch für eine abgespeckte Version. Da die Verwaltungsspitze dies aber nicht akzeptieren konnte, „hat die Ampel nun alleine zu verantworten, was nun geschieht“, so Metten.
Die SPD sieht die Anmietung eines Stadthauses im Marktkauf-Gebäude als eine interessante Option. „Hierdurch werden Risiken für die Stadt in Grenzen gehalten, da durch den fest vereinbarten Mietzins Kostensicherheit gewährleistet ist“, so Fraktionschef Klaus W. Waldschmidt. Er ergänzt: „Ob ein heute errichtetes Stadthaus noch in zehn oder zwanzig Jahren dem Bedarf entspricht, ist kaum vorhersehbar. Ein Risiko, das durch einen Zeitmietvertrag ebenfalls minimiert werden kann.“
Für die FDP sind laut ihrem Fraktionsvorsitzenden Jörg Krell noch viele Fragen offen. Aber: „Die Partnerschaft mit einem Investor bietet für die Stadt erhebliche Vorteile: Kostensicherheit über eine verbindliche Vereinbarung und schnellere Realisierbarkeit, da der Investor über entsprechende Planungs- und Projekt-Management-Ressourcen verfügt.“
Die Grünen sehen vor allem Vorteile für das Verwaltungspersonal. „Wir möchten, dass die städtischen Mitarbeitenden so schnell wie möglich in angemessene Räumlichkeiten umziehen können, das hat für uns oberste Priorität“, so die Fraktionsvorsitzende Theresia Meinhardt. Ein weiteres Argument ist das der Ressourcenschonung, so der Vorsitzende des Stadthausausschusses Friedrich Bacmeister. „Deshalb begrüßen wir es sehr, wenn die Rheinberg Passage eine neue Nutzung erfährt, der Baukörper weitgehend erhalten bleibt und nach ökologischen Kriterien erweitert wird.“
Zur aktuellen Situation informiert die Stadt: „Ein Interessenbekundungsverfahren zur Findung von Investoren beziehungsweise möglichen Standorten wurde durchgeführt und ist zurzeit in der Auswertung. Gegen das Verfahren wurde aktuell Vergabebeschwerde bei der Vergabekammer der Bezirksregierung Köln eingelegt. Vor der Fortführung muss nun zunächst der Beschluss der Vergabekammer abgewartet werden. Deshalb ist mit Verzögerungen zu rechnen.
Verwaltungsintern wird das Projekt „Verwaltung 4.0/Moderne Arbeitswelten“ fortgeführt, um den künftigen Arbeitsplatz- und Ausstattungsbedarf unter Einbeziehung von Tele-Heimarbeit, Desksharing, Digitalisierung etc. festzustellen.
Parallel wird geprüft, ob für die Option des Standortes RheinBerg Passage ein Bauleitplanverfahren erforderlich ist. Der Aufstellungsbeschluss wurde vorsorglich bereits im Dezember 2021 gefasst.“